Während viele B2B-Unternehmen Social Media bisher vor allem mit Lifestyle und B2C in Verbindung gebracht haben, nimmt ihr Interesse für die Möglichkeiten eines weiteren Kommunikationskanals zum Austausch mit den Kernzielgruppen im Web 2.0 zu. Einer aktuellen Umfrage nach nutzen in den USA bereits 60 Prozent der B2B-Unternehmen Social Media. Corporate- und Themenblogs, Social Communities und Videoportale zählen demnach zu den zentralen Instrumenten für Social Media im B2B-Umfeld.
Doch Vorsicht: statt blinder Euphorie und Aufbruchstimmung sollte eine kritische Definition der Ziele an erster Stelle stehen. Was will man mit Social Media Aktivitäten im B2B-Umfeld überhaupt erreichen? Möglichst viele Follower/Freunde/Fans zu bekommen, ist noch kein strategisches Ziel. Stimmt das Ziel auch mit den zentralen kommunikativen Unternehmenszielen überein? Eine klare Definition der Zielsetzung hilft auch bei der Auswahl der Social Media Plattformen sowie der Maßnahmen. Und schließlich bei der Erfolgskontrolle. Sonst wird Social Media zum Selbstzweck.
Was ist bei B2B anders?
Prozesse und Entscheidungswege im B2B-Bereich unterscheiden sich grundlegend von solchem im Endkundengeschäft, sie sind langfristiger angelegt, ebenso wie Kundenbeziehungen, Partnerschaften oder Kooperationen. Solch langfristige Geschäftsbeziehungen basieren auf Vertrauen, das langsam wächst. Dieser Unterschied ist bei der Umsetzung von Social Media im B2B Bereich zu bedenken: es geht in erster Linie nicht um die Verbreitung von Werbebotschaften, sondern um den langfristigen Aufbau einer Vertrauensbasis in die Kompetenz, Fachexpertise und Zuverlässigkeit des Unternehmens und seiner Akteure.
Interessenten ebenso wie existierende Kunden und Geschäftspartner suchen Content mit Nutzwert: Antworten auf ihre Fachfragen, Informationen und Neuigkeiten aus der Branche und dem Unternehmen, Anwendungsbeispiele, Lösungsansätze, Gesetzesänderungen, etc.. Im B2B-Segment sollten also konkrete Themen im Vordergrund stehen.
Dabei gibt es in den meisten Unternehmen zahlreiche geeignete Themen, die entsprechend aufbereitet für die Veröffentlichung und Verbreitung in Social Media verwendet werden können. Entscheidend ist, die Interessen der Zielgruppen zu kennen und zu berücksichtigen und ihren Meinungen und Wünschen Gehör zu schenken. Mit fachlich fundierten Inhalten kann man sich als Experte seines Fachgebiets im Web positionieren und das Vertrauen zu den Zielgruppen aufbauen.
Welche Social Media Plattformen eignen sich für was?
Über welche Plattformen soll man sein Unternehmen ins Web 2.0 bringen? Um diese Frage beantworten zu können müssen zu Beginn eine Zielgruppenanalyse sowie Social Media Monitoring stattfinden. Welche Netzwerke nutzen die Kunden, Partner Mitarbeiter und Mitbewerber im Web? Um eine größtmögliche Effizienz in seinen Social Media Maßnahmen zu erreichen, empfiehlt sich eine Kombination aus verschiedenen Angeboten im Web 2.0.
So eignet sich ein eigener Corporate- oder Themen-Blog eher für die Präsentation von komplexeren Themen und umfangreicheren Texten wie z.B. Fachartikeln und Case Studies. Der Corporate Blog ist auch in seinem Zielgruppenfokus enger, da wirklich hauptsächlich interessierte Kunden und Partner den Blog lesen werden. Diese Community muss jedoch zu Beginn erst einmal aufgebaut werden. Eine gewisse Größe der Community ist essenziell, damit überhaupt Interaktion und Austausch stattfindet. Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen, bestehende und potenzielle Kunden sowie Partner können dabei helfen, diese Interaktion voranzutreiben und die Bekanntheit der Community zu erhöhen. Wichtig ist es, seine Social-Media-Aktivitäten über andere Kanäle wie Pressearbeit, die eigene Website etc. bekannt zu machen. Natürlich lassen sich auch Gastbeiträge in fremden Blogs oder Online-Magazinen platzieren, die eine solche Community schon besitzen und sofortige Aufmerksamkeit garantieren.
Für eine möglichst breite Streuung von Informationen und hohen Aufmerksamkeitswert eignen sich eigene Unternehmensprofile auf Social Media Plattformen wie Facebook, Google plus oderTwitter. Doch sind diese Plattformen für komplexe Inhalte eher nicht geeignet. Auch hier muss man sich seine Sichtbarkeit erst aufbauen und Kontakte, Follower bzw. Fans gewinnen. Doch Vorsicht: Inhalte sollten nicht inflationär eingestellt werden, um nicht als „Spammer“ in Verruf zu geraten – ein bis zwei aussagekräftige und mit Bildern illustrierte Informationen bzw. nicht mehr als fünf Tweets täglich sind ausreichend.
Allgemein gilt, dass man seine Beiträge möglichst gut mit anderen Plattformen vernetzen sollte, um die Reichweite zu erhöhen. Mit entsprechenden Schnittstellen können Leser eines Beitrags diesen zum Beispiel versenden, weiterempfehlen etc. Spezialisierte Netzwerke wie XING oder LInkedIn fokussieren klar auf den Business-Einsatz und Karriere- bzw. Recruiting-Aspekte. Zudem gibt es zu nahezu jedem Thema fachspezifische Gruppen, denen man beitreten und in denen man auch Fachbeiträge veröffentlichen kann.
Der Einsatz von Videos und YouTube im B2B Social Media Marketing bekommt vor allem im Bereich Employer Branding und Recruiting immer mehr Bedeutung. Bewerber suchen vermehrt nach Image-Videos, um sich über das Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber zu informieren. Dabei muss aber großer Wert auf eine professionelle Umsetzung gelegt werden.
Warum Social Media auch im B2B-Umfeld Sinn macht?
Natürlich sollte man sich vor einem Engagement in Social Media genau überlegen, was man für sein Unternehmen damit erreichen will und wieviel Zeit und Geld man bereit ist, zu investieren. Ziele von B2B-Unternehmen sind in den meisten Fällen der Aufbau der eigenen Markenbekanntheit, die Nutzung von SEO-Effekten sowie die Integration der neuen Plattform in die Öffentlichkeitsarbeit mit den Zielgruppen.
Doch sollte man sich im Klaren sein, dass Social Media kein unidirektionaler Werbe- und Verkaufskanal ist, sondern ein zusätzlicher Kommunikationskanal im Dialog mit (potentiellen) Kunden, Partnern und (zukünftigen) Mitarbeitern. Die Betonung liegt auf Kommunikation und Dialog mit der jeweiligen Zielgruppe. Das spielt vor allem im Recruiting neuer Mitarbeiter eine zunehmend wichtige Rolle – Stichwort Employer Branding.
Grundsätzlich unterscheidet sich Social Media im B2B-Umfeld kaum von klassischen Offline-Netzwerken im Unternehmensumfeld. Sinn und Zweck beider Netzwerke ist es, Interessierte und Gleichgesinnte zu identifizieren, die sich für die gleichen Themen, Branchen, Lösungen und Projekte interessieren. Ob dies offline z.B. durch Fachartikel oder Vorträge auf Tagungen und Konferenzen passiert oder online über die Veröffentlichung von Inhalten in Social Media, ist letztlich identisch. Ziel bleibt der Aufbau der Vertrauensbasis sowie die Erhöhung der eigenen Bekanntheit und Reputation.
Dabei sein ist nicht alles, Social Media darf kein Selbstzweck sein. Unternehmen, die eine Social-Media-Strategie starten, sollten sich deshalb über folgende Punkte Gedanken machen:
– Präsenz in sozialen Netzwerken bedeutet Offenheit gegenüber Kunden, Mitarbeitern und der Konkurrenz. Dazu zählt beispielsweise auch die Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit.
– Einfach nur eigene Profile bei Google plus, Twitter oder Facebook einzurichten, reicht nicht. Social Media müssen gut geplant und vorbereitet werden. Dazu gehören eine klare Strategie und Zieldefinition ebenso wie die Klärung von Zuständigkeiten und Budgets.
– Social Media Plattformen bedeuten Zeitaufwand und damit Kosten – nur gepflegte, aktuelle Präsenzen mit interessantem Content werden das Interesse der Zielgruppen behalten. Um guten Content zu bieten, müssen sich Experten in den Fachabteilungen regelmäßig einbringen, ein für den Social Media Auftritt Verantwortlicher muss den Prozess steuern und überwachen.
– Keine Angst vor kritischen Beiträgen. Stattdessen sollte man die Chance nutzen, direkt mit seinen Kritikern zu diskutieren. Das steigert die eigene Glaubwürdigkeit.
– Den Social Media-Auftritt des Unternehmens einem Praktikanten zu überlassen, wäre grob fahrlässig. Stattdessen sollte es klare Zuständigkeiten und Handlungsbefugnisse für Social Media geben.
– Social Media ist ein schnelles Medium, deshalb funktionieren lange Abstimmungsschleifen für den Content nicht. Fans, Freunde und Follower wollen einen direkte Response auf ihre Anmerkungen und Fragen.
– Manchmal entwickelt sich eine Eigendynamik, auf man keinen vollen Einfluss hat. Kontrollierte Kommunikation ist bei Social Media nicht möglich. Soziale Netzwerke stehen für schnellen Austausch. Dem muss man sich stellen.
– Um sich trotzdem vor bösen Überraschungen zu schützen, sollte man regelmäßig Social Media Monitoring zu bestimmten Schlagworten und Themen betreiben.
Wer oben genannte Punkte nicht in vollem Umfang akzeptieren kann, sollte lieber die Finger von Social Media lassen.