Nach drei Monaten Energiedialogs in Bayern lässt sich als Ergebnis festhalten: es gibt keines. Zumindest keines, das nicht auch vor drei Monaten schon bekannt gewesen wäre. Mehr war von Anfang an leider nicht zu erwarten. Stattdessen durften alle Betroffenen noch einmal ihren Standpunkt kundtun. Und sind jetzt frustriert, weil sie letztlich nichts bewirken können.
Was hat Ilse Aigners „Energiedialog“ mit Bürgerdialog zu tun? Bürgerdialog – als gleichberechtiger Austausch von Fragen und Antworten, gegenseitigem Zuhören, als Brückenschlag zwischen den politischen Verantwortungsträgern und den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger? Seit der Streit um Stuttgart 21 im Jahr 2010 eskaliert war, gilt Bürgerbeteiligung als zentrales Instrument und als Chance, große Bau- und Infrastrukturprojekte im Konsens mit der betroffenen Bevölkerung umzusetzen.
Den gleichen Anspruch erhob man für den Energiedialog, der klären sollte, wie Bayern ab 2022 mit Energie versorgt werden kann, wenn alle Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Vor allem die kontroverse Diskussion über die geplanten Stromtrassen quer durch Bayern sollte befriedet werden. Bürger, Initiativen und Kommunen sollten sich dazu mit eigenen Vorschlägen zu Trassenverlauf und Energietechnologien in die Diskussion mit Experten und Interessensvertretern der Industrie, der Energiewirtschaft und diversen Verbänden einbringen. Schließlich sollte das Ergebnis des Verfahrens aber von allen Seiten akzeptiert werden. Die Ergebnisse sollen Basis sein für die Entscheidungsfindung der Bundesregierung in Berlin. Es hätte ein wirklich spannender Prozess werden können.
Dazu hätte es aber von Anfang an ein faires, transparentes und vor allem ergebnisoffenes Verfahren geben müssen. Dem war jedoch nicht so, schon kurz nach Beginn des Energiedialogs sorgte Horst Seehofer mit seiner gesetzlichen 10H-Regelung dafür, dass der Bau von Windenergieanlagen in Bayern so gut wie unmöglich gemacht wurde. Das klammerte einen wichtigen Bereich der Energiewende par „Ordre du Mufti“ aus.
Es gab für die Bürger keine Möglichkeiten, grundlegende Entscheidungen in Sachen Energiewende mitzugestalten. Der groß unter dem Label „Bürgerbeteiligung“ angekündigte Energiedialog entpuppte sich mehr und mehr als Kaffeekränzchen unter Moderation von Ilse Aigner, als Gesprächstherapie, die nur der Beruhigung der erhitzten Gemüter dienen sollte. Weil die Politik ohnehin schon alles vorher ausgeklüngelt hatte. Gemäß dem Motto: Reden können die Betroffenen gerne, aber am Ende wird das gemacht, was Landesfürst Horst Seehofer will.
Bürgerbeteiligung muss sich lohnen, muss Aussicht auf Erfolg haben, sonst ist sie Zeitverschwendung für alle Seiten und führt zu Frustration. Jeder Versuch, Bürger und gesellschaftliche Interessensgruppen bei großen Bau- und Infrastrukturprojekten einzubinden und an Debatten und Entscheidungsfindungen zu beteiligen, kann nur funktionieren, wenn er wirklich ernst gemeint ist. Wer Bürgerdialog nur als taktisches Instrument missbraucht, Bürgerbeteiligung nur simuliert, bestätigt nicht nur die Vorurteile über „die Politiker“, sondern erzeugt Politikverdrossenheit, Misstrauen und Auswüchse, wie sie bei Pegida zu beobachten waren. Pseudo-Dialog ist letztlich schlimmer, als fehlende Bürgerbeteiligung!