Warum schlechte Nachhaltigkeitskommunikation oft Krisenkommunikation nach sich zieht…

Nachhaltigkeit ist ein ebenso abgedroschenes wie zentrales Thema für Unternehmen / Organisationen. War es früher eher „nice to have“, sich um ökologische und soziale Nachhaltigkeit zu kümmern (Tue Gutes und rede darüber!), hat es sich in den letzten Jahren vom Nischenthema zu einer der Kernherausforderungen der Unternehmensstrategie und auch der Kommunikation entwickelt. So verpflichtet beispielsweise die ESG-Richtlinie der EU große Unternehmen, künftig über ihre CO2-Reduktionsziele, ihre Klimaschutzstrategie sowie ihre Maßnahmen und Erfolge zu berichten. Die Frage nach dem konkreten Beitrag eines Unternehmens zum Klima- und Umweltschutz sowie zum Erhalt unserer Gesellschaft interessiert heute nicht nur Kunden und Konsumenten, sondern auch Banken, Investoren und (potenzielle) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele Menschen legen großen Wert darauf, über die Nachhaltigkeit eines Unternehmens und seiner Lösungen informiert zu werden. Für mehr als drei Viertel der Konsumenten (76%) ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Kaufargument.

Andererseits besteht die Gefahr, durch vorschnelle, wenig durchdachte und inkonsistente Maßnahmen und Botschaften ungewollt in den Verruf des Greenwashing zu geraten. Anspruch und Wirklichkeit können auseinanderklaffen oder einer kritischen externen Überprüfung durch Medien und NGOs nicht standhalten. Ganz zu schweigen davon, dass viele Unternehmen mehr über ihre Nachhaltigkeit reden, als tatsächlich zu finden ist – mehr Schein als Sein! Mit falschen Behauptungen und Übertreibungen verspielt man unwiederbringlich sein Image. Unternehmen, die des Greenwashings überführt oder auch nur verdächtigt werden, werden laut dem Nürnberger Institut für Marktentscheidungen (NIM) von den Verbrauchern direkt abgestraft und müssen mit Imageschäden, Kaufzurückhaltung, Umsatz- und Gewinneinbrüchen und im schlimmsten Fall sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Aus Angst vor Greenwashing-Vorwürfen und den oben beschriebenen Folgen kommuniziert inzwischen rund ein Drittel der Unternehmen lieber gar nicht mehr über ihre Nachhaltigkeitsziele und -anstrengungen (siehe Studie Net-Zero-Report von South Pole). Die Fachwelt spricht hier von Greenhushing, wörtlich übersetzt: grünes Schweigen. Auch das ist keine Lösung, um sich heute erfolgreich bei seinen Stakeholdern zu positionieren.

 

Erst die Strategie, dann die Nachhaltigkeitskommunikation

Dabei geht es nicht um bewusstes Greenwashing, das zu Recht weitere Kommunikationskrisen auslösen kann, sondern um handwerklich schlecht gemachte Nachhaltigkeitskommunikation. Unternehmen stehen beim Thema Nachhaltigkeit unter ständiger Beobachtung von Medien, NGOs, Wettbewerbern und Konsumenten. Man bleibt potenziell angreifbar und muss sich dieses Risikos bewusst sein. Es geht also nicht darum, sich als „nachhaltiges Unternehmen“ zu positionieren, sondern den Weg zu nachhaltigerem Wirtschaften glaubwürdig und transparent zu beschreiben.

Wer als nachhaltiges Unternehmen wahrgenommen werden will, muss sich zunächst entsprechend positionieren. Denn für eine glaubwürdige und krisenfeste Kommunikation muss das Unternehmen klar verständliche und belastbare Aussagen zu seiner Nachhaltigkeit machen können. Idealerweise unterstützt durch eine thematische Klammer, die die verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen und -maßnahmen im Unternehmen bündelt und auf den Punkt bringt.

Vor der Nachhaltigkeitskommunikation steht also die Entwicklung einer langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie und eines strukturierten Nachhaltigkeitsmanagements im Unternehmen, das alle Themen und Bereiche des Unternehmens integriert. Ein aufwändiger Prozess, der sorgfältig und am besten mit externer Unterstützung durch Nachhaltigkeitsexperten durchgeführt werden sollte. Dazu gehört auch, das Fremdbild des Unternehmens bei seinen Zielgruppen zu kennen. Wie wird das Unternehmen von seinen Stakeholdern wahrgenommen? Müssen externe Wahrnehmungen korrigiert werden?

Dazu gehört, einen intensiven Dialog mit internen und externen Stakeholdern zu führen, die wesentlichen Themen zu identifizieren und messbare Nachhaltigkeitsziele zu definieren. Zweitens muss die Außenwahrnehmung bekannt sein und in der Kommunikation aufgegriffen werden.

Darauf kann eine glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation aufbauen, die die Schritte des Unternehmens hin zu nachhaltigem Wirtschaften kommunikativ begleitet. Stakeholder und Botschaften müssen identifiziert werden. Doch nicht jedes Nachhaltigkeitsthema im Unternehmen eignet sich für die Kommunikation. Hier ist eine möglichst transparente Berichterstattung gegen das Krisenpotenzial solcher Themen abzuwägen.

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise sind Widersprüche, Hemmnisse und Zielkonflikte unvermeidlich. Zu einer glaubwürdigen Nachhaltigkeitskommunikation gehört es auch, diese sensiblen Themen nicht zu verschweigen, sondern offensiv anzusprechen, Argumente vorzubereiten, um bei kritischen Anfragen oder Kampagnen schnell und präzise reagieren zu können.

 

Transparenz statt Geheimniskrämerei

Eine sorgfältig konzipierte und umgesetzte Nachhaltigkeitskommunikation schützt Unternehmen letztlich davor, sich in diesem stark beobachteten Umfeld eine blutige Nase zu holen. Mehr denn je muss die grüne Transformation auch kommunikativ offensiv angegangen werden. Investitionen in grüne Technologien, intelligente Lösungen und Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit sind entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise. Wer seine Nachhaltigkeitsziele und -erfolge nicht kommuniziert, inspiriert andere nicht, bremst damit den Fortschritt und schadet der gesamten Gesellschaft.

Das Risiko für Unternehmen, sich bei Nachhaltigkeitsaussagen dem Vorwurf des Greenwashing, Missverständnissen und Betrugsvorwürfen auszusetzen, wird künftig durch klare Standards und gesetzliche Vorgaben minimiert. Dazu hat die EU-Kommission im Frühjahr 2023 die EU Green Claims Directive vorgelegt, nach der Unternehmen bei Umweltaussagen (Green Claims) zu ihren Produkten oder Dienstleistungen Mindeststandards einhalten müssen. Sie verpflichtet künftig verbindlich, Nachhaltigkeitsaussagen transparent mit Fakten zu untermauern und alle dafür notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Richtlinie durchläuft derzeit das europäische Gesetzgebungsverfahren und soll noch in diesem Jahr verabschiedet und anschließend von den Mitgliedstaaten übernommen werden. Dies würde die Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitskommunikation erhöhen, da transparente und belegbare Umweltaussagen das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in das Unternehmen stärken. Greenwashing würde eingedämmt.

Veröffentlicht unter 2024