Wie Unternehmen Glaubwürdigkeit erzeugen
Als Unternehmen nachhaltig zu handeln ist heute unabdingbar. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung haben sich von bloßen Image- zu harten Marktfaktoren gewandelt. Nachhaltigkeit spielt heute für sämtliche Interessengruppen eine zentrale Rolle, seien es Verbraucher, Investoren, Medien oder Gesetzgeber. Tue Gutes und rede darüber gilt deshalb mehr denn je. Die Kunst besteht darin, nachhaltige Unternehmensaktivitäten glaubhaft zu kommunizieren, ohne ins Greenwashing abzugleiten.
Greenwashing ist der weit verbreitete und oft durchsichtige Versuch, sich in der Presse und Öffentlichkeit ein umweltfreundlicheres und nachhaltigeres Image zu verleihen, als es den Tatsachen entspricht. Da werden einzelne grüne Produkte oder Geschäftsaktivitäten mit großem Aufwand in Werbe- und Pressekampagnen in die Öffentlichkeit getragen, doch das Kerngeschäft des Unternehmens bleibt weiterhin eher umweltschädigend. Da werden Kooperationsprojekte mit Partnern geschlossen, um von deren Glaubwürdigkeit und sozialem oder ökologischem Engagement zu profitieren. Dem Greenwashing Report 2010 von Terrachoice zufolge ist die Zahl der Produkte, die sich grüner darstellen, als sie es wirklich sind, zwischen 2008 und 2009 um 79 Prozent gestiegen. Nach Aussage des Verbands der Kritischen Aktionäre schmücken sich viele Konzerne zu Unrecht mit einem Öko-Mäntelchen, ihre diesbezüglichen Aktivitäten seien zum Großteil als Greenwashing einzuordnen. In Zeiten von Social Media und einer kritischer werdenden Gesellschaft ist das töricht, denn die Entlarvung wird relativ schnell erfolgen und der Imageschaden kann enorm sein.
Doch wie kann man als Unternehmen seine Schritte in Sachen Nachhaltigkeit kommunizieren, ohne in den Verdacht zu geraten, ein Greenwasher zu sein? Wie kann man trotzdem Schritt für Schritt eine nachhaltige Unternehmens- und Markenidentität aufbauen, die ökologische, soziale und ethische Belange berücksichtigt? Schließlich will kein Unternehmer warten, über seine Erfolge in diesem Bereich zu sprechen, bis das Gesamtunternehmen unangreifbar nachhaltig aufgestellt ist.
Der Schlüssel liegt in der eigenen Glaubwürdigkeit. Wer seine Erfolge anspricht, darf auch über die Mängel nicht schweigen. Hier gilt es, die Ziele aufzuzeigen, den Weg dorthin zu skizzieren und auch über Rückschläge und Defizite zu sprechen. Wenn der Verbraucher das Gefühl hat, dass das Unternehmen es ernst meint und seine Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit nachprüfbar sind, wird er mit Interesse den Fortschritt verfolgen. Hat er allerdings das Gefühl, ihm werde ein Theaterstück vorgespielt, wird er das Interesse verlieren oder sich schlimmstenfalls vom Unternehmen abwenden.
Dialogkommunikation als zentrales Instrument
Social Media sorgt heute für regen Austausch der Interessensgruppen. bereits über 20 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Plattformen wie Facebook, Twitter, Xing, Themenblogs oder andere Angebote des Dialogs und der sozialen Vernetzung. Auch und gerade in der Kommunikation von Nachhaltigkeit muss sich die klassische absenderorientierte Informationsübermittlung hin zur Dialogkommunikation mit den einzelnen Zielgruppen wandeln. Dabei muss die Kommunikation nachprüfbar und transparent in ihren Inhalten sowie proaktiv und kontinuierlich in ihrer Form sein.
Positives Beispiel, wie Kommunikation der Nachhaltigkeit erfolgreich umgesetzt werden kann, ist das „Utopia Changemaker Manifest“ der Deutschen Telekom. René Obermann, Vorstandschef des Unternehmens, hat im Mai 2010 zehn Selbstverpflichtungen des Unternehmens mit Zielen und konkreten Maßnahmen vorgestellt. Der Konzern lädt seine Stakeholder seitdem zur Diskussion ein und wagt damit den unbequemen aber langfristig erfolgreichen Weg der dialogorientierten Kommunikation von Nachhaltigkeit. Aktive Beteiligung und Vernetzung über Social Media spielen hier ebenfalls eine zentrale Rolle.
Erfolgreiche Kommunikation von Nachhaltigkeit aber wie?
Bei der Kommunkation von Nachhaltigkeit gilt es einige Grundregeln zu beachten: Glaubwürdigkeit – Kommunikation von Nachhaltigkeit muss verständlich, nachprüfbar und transparent sein, nur so ist sie glaubwürdig
Authentizität – Statt eine aufpolierte Marketingoberfläche zu bieten, muss sie authentisch sein, sonst wird sie von den Zielgruppen nicht ernst genommen
Konkrete Ziele – Der Begriff der Nachhaltigkeit muss mit konkreten Inhalten und Zielen gefüllt sein, Informationen dazu müssen auf der Unternehmenswebsite einfach auffindbar sein
Dialog – Dialogorientierung ist der zentrale Punkt, es bedeutet auch die Diskussion mit den Zielgruppen auf Augenhöhe und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit kritischen Themen. Konflikte werden so abgebaut und Vertrauen erworben.
Proaktivität – Defizite des Unternehmens müssen proaktiv thematisiert werden, im besten Fall können Verbesserungsvorschläge von außen zur Optimierung und Innovation des Unternehmens beitragen.
Wahrheit – Information zu Nachhaltigkeit muss unbedingt auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden. Fehlinformationen oder Teilwahrheiten wirken sich fatal auf die gesamten Nachhaltigkeitsbemühungen aus.
Sprachfähigkeit – Nicht nur die Kommunikationsabteilung und das Top-Management sollten zum Thema Nachhaltigkeit sprachfähig sein, sondern zumindest auch Vertriebs- und Servicemitarbeiter.
Kontinuität die (Dialog-)Kommunikation kontinuierlich zu führen und beharrlich auf dem eingeschlagenen Weg voranzuschreiten, sind entscheidend für den Erfolg.
Heute kommt kein Unternehmen mehr um die Kommunikation seiner Nachhaltigkeit herum, Stakeholder fordern dies zunehmend ein. Dabei ist die Umstellung von einer klassisch absenderorientierten hin zur dialogorientierten Kommunikation für viele Unternehmen sicher eine erhebliche Herausforderung, denn sie bedeutet einen Kulturwandel. Mit dialogorientierter Kommunikation setzt sich das Unternehmen zudem nicht nur selbst unter Druck, es wird auch von seinen Zielgruppen genau beobachtet. Einen Weg zurück gibt es nicht, ohne großen Schaden für das Image zu riskieren. Doch letztlich ist Kommunikation von Nachhaltigkeit für Unternehmen heute unverzichtbar, wollen sie glaubwürdig und im Wachstumsmarkt kritischer Verbraucher erfolgreich sein.
Nachhaltigkeit wird zum Megatrend
Nachhaltigkeit etabliert sich spätestens nach der Atomkatastrophe von Fukushima als Mega-Trend in der internationalen Wirtschaft. Nachhaltige Unternehmensführung und gewinnorientiertes Wirtschaften sind kein Widerspruch. Im Gegenteil: die Verbindung von ökonomischem Handeln mit der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen entwickelt sich zum zentralen Treiber von wirtschaftlichem Wachstum. Und es ist auch eine Reaktion auf die zunehmende Sensibilität der Kunden, die nachhaltiges Wirtschaften zunehmend als eine zentrale Grundlage für ihre Kaufentscheidungen ansehen. Glaubwürdigkeit im Umgang mit den Kunden, sei es im konkreten Umweltengagement oder in der Kommunikation darüber, steigert die Akzeptanz beim Konsumenten und hebt die Kundenbeziehung auf ein neues Niveau.
Nachhaltige Unternehmensführung ist kein Altruismus, sondern steigert langfristig den Umsatz. Denn ökologisch und sozial verantwortliches Handeln wirkt sich positiv auf die Wahrnehmung einer Unternehmens- oder Produktmarke in der Öffentlichkeit und auf Kaufentscheidungen der Kunden aus. Das Markenimage dient den Verbrauchern als unverwechselbares und vertrautes Bild des Unternehmens und seiner Produkte. Wird die Marke mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht, steigert das vor allem bei jenen Verbrauchern, für die Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert einnimmt, das Image und die Reputation der Marke. Dies führt wiederum zu einer höheren Kundenbindung.
Einer weltweit durchgeführten Studie der Unternehmensberatung Accentureunter fast 800 CEOs von 2009 zufolge werden nur nachhaltig wirtschaftende Unternehmen langfristig Erfolg haben. Schon vor zwei Jahren gingen über 90 Prozent der Befragten davon aus, dass das Thema Nachhaltigkeit ihr Kerngeschäft in den folgenden Jahren ganz wesentlich beeinflussen wird. Und auch bei Verbrauchern hat Nachhaltigkeit als Thema in den letzten drei bis fünf Jahren an Bedeutung gewonnen. Laut den Ergebnissen der DLG-Studie „Nachhaltigkeit und Verbraucherwahrnehmung“ habenrund 84 Prozent aller Befragten den Begriff schon einmal gehört. Allerdings haben sie unterschiedliche Vorstellungen, was sich hinter dem Schlagwort „Nachhaltigkeit“ verbirgt. 22 Prozent verbinden mit dem Begriff natürliche Regeneration, 18 Prozent mit Umweltschutz und 14 Prozent mit zukunftsorientiertem Handeln. Eine allgemeingültige Definition besteht nicht.
Dementsprechende Bedeutung hat das Thema auch in der Kommunikation, auch wenn viele Unternehmen diesbezüglich noch relativ zurückhaltend agieren. Zum Teil haben sie diesbezüglich einfach noch wenig (Positives) zu berichten, oder aber sie fürchten, durch aktive Nachhaltigkeitskommunikation erst in den Fokus kritischer Verbraucher zu geraten und bei Fehlern oder Versäumnissen besonders in die Kritik zu geraten. Die Herausforderung der Nachhaltigkeitskommunikation besteht darin, die unterschiedlichen Zielgruppen von der Glaubwürdigkeit eines nachhaltigen Engagements zu überzeugen. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist für viele Verbraucher komplex, schwammig und er ist recht schwer zu transportieren. Deshalb muss eine erfolgreiche Zielgruppenansprache in erster Linie auf emotionaler Ebene erfolgen, die Engagement hervorruft. Zum anderen müssen Ziele und Umfang der Kampagne klar umrissen werden. Schließlich ist die Glaubwürdigkeit jeder Nachhaltigkeitskommunikation abhängig von der Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit ihrer kommunizierten Inhalte.
In der Nachhaltigkeitskommunikation sind die Botschaften wichtiger als der Kanal. Trotzdem entsteht Glaubwürdigkeit auch durch die gleichzeitige Nutzung mehrerer Kommunikationskanäle, z.B. der klassischen Offlinekommunikation einerseits wie der Einbindung des Internets als Informationskanal sowie von Social Media Plattformen zum schnellen Meinungsaustausch mit den Bezugsgruppen. Welche Kanäle für die Kommunikation konkret genutzt werden sollten, hängt dabei vom Mediennutzungsverhalten der Zielgruppen ab. Der Kommunikationsmix muss also zielgruppenspezifisch kombiniert werden.
Doch selten wendet sich ein Unternehmen zur Profilierung seiner Nachhaltigkeit nur an eine eng umgrenzte Zielgruppe. Stattdessen sollten sämtliche für das Unternehmen relevanten Zielgruppen angesprochen werden. Gemeint sind hier nicht nur Kunden, sondern auch Partner und Zulieferer, Mitarbeiter, die Politik, Geldgeber, Medien und die allgemeine Öffentlichkeit. Das gilt natürlich und erst recht auch für den Dialog mit kritischen Gruppen. Das Web 2.0 bietet vielfältige Möglichkeiten, um mit Meinungsführern, Multiplikatoren, der Öffentlichkeit und der Politik in Dialog zu treten. Doch Vorsicht: Unternehmen, deren Nachhaltigkeitskommunikation transparent und offen ist, werden im Web 2.0 eher erfolgreich sein. andernfalls könnte es zu Irritationen und zu Negativkampagnen kommen. Denn die Öffentlichkeit reagiert auf Greenwashing sehr sensibel.
Nachhaltigkeitskommunikation sollte immer integraler Teil der Gesamtkommunikation sein und sich am Markenkern des Unternehmens orientieren. So kann ein glaubwürdiges, weil konsistentes und widerspruchsfreies Gesamtbild sowohl nach außen als auch nach innen entstehen. Nachhaltigkeitskommunikation muss transparent sein und durch überprüfbare Leistungsbeweise unterfüttert werden. Rankings, Preise und Zertifikate helfen, Botschaften zu objektivieren und die Glaubwürdigkeit der Unternehmenskommunikation zu erhöhen. Und schließlich ist Nachhaltigkeitskommunikation per se langfristig angelegt, denn sie kommuniziert eine Unternehmensstrategie, die mit der Festlegung von ersten Zielen und Handlungsschwerpunkten beginnt und erst endet, wenn das komplette Unternehmen bei seinen Zielgruppen als nachhaltige Marke verankert ist.